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Frühjahrs-Lehrgang

Am ersten März-Wochenende fand der erste Lehrgang diesen Jahres mit Ohta Sensei (6° Dan) in Berlin statt. Gut zweihundert Karateka waren angereist, um bei dem beliebten Meister zu trainieren.

In den Anfängergruppen wurden von Ohta Sensei wie üblich verschiedene Grundtechniken gelehrt. Zunächst standen Oi Zuki und Uraken auf dem Programm; anschließend auch Mae Geri. Ausgehend von der einfachsten Grundform wurden die Techniken immer weiter verkompliziert bis schließlich die Endform erreicht war. Der Schüler konnte hier - so er denn dem Unterricht aufmerksam folgte - noch einmal überprüfen, ob er bisher richtig gelernt hatte, während der anwesende Trainer die Gelegenheit hatte, seine eigene Trainingsmethode zu kontrollieren. Ich glaube, gerade Trainer können von der beispielhaften Geduld und der hervorragenden Fähigkeit Ohta Sensei's, jede Technik auf ihre wesentlichen Punkte zu reduzieren, profitieren. Schon allein dieser Umstand lohnt das Kommen.

Am Samstag Nachmittag wurde in der Anfängergruppe wieder Kata geübt. Dabei standen die Heian Kata auf dem Programm. Interessant in diesem Zusammenhang auch eine Anwendungsform von Heian Nidan. Dabei wird Mae Geri nicht Chudan (zum Solarplexus) ausgeführt, sondern unter die Achsel ausgestreckten gegnerischen Armes oder auch auf das Ellbogengelenk...

In diesem Zusammenhang muss ich jedoch auch einen Sache anmerken, die mir persönlich negativ aufgefallen ist. Ein Dolmetscher war während dieses Lehrgangs nicht anwesend, so übernahm einer der anwesenden Schwarzgurte die Aufgabe, die auf englisch gegebenen Erläuterungen des Meisters an die Schüler weiter zu geben. Dabei sagte Ohta Sensei zu Heian Nidan, dass bei der Anfangsbewegung die Arme entweder zuerst an die Hüfte genommen und dann nach oben geführt werden können oder man die erste Technik auch direkt aus der Yoi-Position heraus ausführen kann ohne die Hände an die Hüfte zu nehmen. Die offizielle Übersetzung des anwesenden Schwarzgurtes lautete: Das Stapeln der Hände an der Hüfte ist die Anfängerversion. Die direkte Technik-Ausführung solle später die Anfänger-Form ablösen... Auch bei Heian Yondan eine ähnliche Interpretation. Wenngleich mir bisher nicht bekannt war, dass die erste Technik nicht direkt, sondern gemäß Ohta Sensei's Ausführungen auch ähnlich der so genannten "Anfängerversion" bei Heian Nidan ausgehend von der Hüfte ausgeführt werden könne - dies sei nicht falsch, fügte Ohta Sensei extra noch hinzu, so war die Übersetzung des anwesenden Schwarzgurtes noch weit verwunderlicher. Sie lautete: Bei Heian Yondan wird immer direkt ausgeholt. Die Anfangsbewegung an der Hüfte zu beginnen sei falsch!

Hier wurde mir zum ersten Mal richtig deutlich, was Funakoshi Gichin meinte als er schrieb, dass ein Grund für viele Fehler und falsche Meinungen darin bestehe, dass Menschen, die etwas nicht richtig verstanden hätten, sich ihren eigenen Vers machten und ihre bisher erworbenen Kenntnisse mit dem, was sie sähen zusammenfügten um dann ihre eigene Erklärung als die einzige Wahrheit zu verkaufen. Auf diese Art seien viele Kata im Laufe der Zeit geändert worden, da jeder seine aufgrund mangelnder Einsicht, Fähigkeiten und Kenntnisse entstandene abweichende Interpretation weitergab und die Schüler diesen Lehrers wiederum eigene Interpretationen fanden. So entstanden unzählige Variationen ursprünglich nur einer einzigen Kata.

Doch genug hierüber. Am Sonntag wurde in der Anfängergruppe noch einmal das gesamte Übungsrepertoire des Vortags wiederholt, womit für die Prüfungskandidaten eine optimale Vorbereitung gewährleistet war.

Die Fortgeschrittenen übten am Samstag zunächst diverse Kumite-Formen, wobei Ohta Sensei eine schon bekannte aber doch seltene Übungsform einsetzte: Es wurde nur auf der Stelle trainiert. Statt eines Schrittes wurden die Füße mit einem Sprung unter den Körperschwerpunkt gezogen und dann wiederum mit einem Sprung in die Endstellung gebracht. Diese Übungsform wurde anschließend auch als Kumite-Form weitergeübt. Geübt wurde zunächst zu dritt. Während es anfangs schien, dass die auszuführenden Sprünge nie schnell genug sein würden, um dem Angriff zu entgehen, so zeigte sich in der Praxis doch, dass man mit den Sprüngen sogar schneller war als der Angreifer. Im Anschluss wurde diese Übung dann auch zu zweit mit diversen Angriffs- und Abwehrkombinationen ausgeführt. Am Interessantesten war jedoch die abschließende Kata Heian Shodan, die mit Ausnahme des Tettsui Uchi auf die gleiche Weise geübt wurde.

Am Nachmittag stand die Kata Bassai Sho auf dem Programm, die von Ohta Sensei zunächst bis in alle Einzelheiten erklärt und gelehrt wurde, dann wurden auch einige Sequenzen in der Anwendung geübt. Zum Abschluss demonstrierte Ohta Sensei die Kata in seiner gewohnten Weise und erhielt wie stets Beifall ob seiner hervorragenden Darbietung.

Am Sonntag wurden zunächst diverse Kihon- und Kumite-Kombinationen geübt. Die letzte Viertelstunde des Trainings blieben einer weiteren Kata vorbehalten. Wie Ohta Sensei es schaffte, dass die Kata Nijushiho binnen knapp zwanzig Minuten in der Grobform geübt, trainiert und von den Anwesenden auch erlernt werden konnte, ist mir ein Rätsel.

Alles in allem war dieser Lehrgang wieder äußerst lehrreich. Ich freue mich schon auf den nächsten Lehrgang dieser Art und hoffe, dass dann auch aus unserem Verein nicht nur drei Teilnehmer - nämlich Steffen, Marco und ich - zu diesem Lehrgang fahren werden. Vielleicht sehen ja auch wir uns? Übrigens der nächste Lehrgang mit Ohta Sensei findet im August in Polen statt, dann steht noch ein Herbstlehrgang in Berlin an. Schaut mal bei den Terminen nach!



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