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BAUCHMUSKELTRAINING |
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Wie bei den funktionalen Dehnungsübungen beruht die Trainingswirkung funktionsgymnastischer Kraftübungen aut der konsequenten Berücksichtigung der Gelenk-Muskel-Beziehungen und der Beachtung erfahrungswissenschaftlich gewonnener Erkenntnisse der Physiotherapie und Patophysiologie hinsichtlich der Belastungsverträglichkeit des Halte- und Bewegungsapparats. Eine Sichtweise, die bei traditionellen Kräftigungsübungen bisher trainingsmethodisch keinerlei Beachtung fand. Sportmedizinische Erfahrungen der letzten Jahre zeigen aber deutlich, daß zwar erfreulich mehr Sport getrieben wird und damit verbunden die Beschwerden und Erkrankungen, z.B. des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels, bei Sportlern auf der einen Seite kaum noch eine Rolle spielen, auf der anderen Seite aber die Verletzungen und Beschwerden am Bewegungsapparat spürbar zugenommen haben.
Bauchmuskeltraining aber richtig
Die muskulären Zusammenhänge in der Lenden-Becken-Hüfte-Region müssen beim "Bauchtraining" gewissenhaft beachtet werden, wenn langfristig Fehlbeanspruchungen vor allem der Lendenwirbelsäule vermieden werden sollen. Sit-ups in allen Variationen, Klappmesser und verwandte Übungen sind keine geeigneten Maßnahmen, um die gerade Bauchmuskulatur zu kräftigen. Dennoch haben sie in der Gymnastik und im Konditionstraining eine lange Tradition. In der schematischen Darstellung in Abb. 1 wird die Funktion der Bauchmuskeln deutlich: Vom unteren Rippenbogen entspringend ziehen sie zum Becken und sind nur in der Lage, bei Sit-ups die Wirbelsäule "einzurollen", d.h. die Rippenbögen dem Becken anzunähern. Will man den Rumpf dagegen aufrichten, müssen andere Muskeln aktiviert werden. Die Hüftbeuger und der gerade Kopf des Ouadrizeps sind die eigentlichen "Rumpfheber" in dieser Situation und leisten über den größten Teil der Bewegung die meiste Arbeit (vgl. Peterson-Kendall/Kendall-McCreary 1983). Der Lendenmuskel - ein wichtiger Hüftbeuger - entspringt an der Lendenwirbelsäule. Weil er zudem als vorwiegend phasischer Muskel gilt und im Sport wie seine "Partner" - Darmbeinmuskel und gerader Kopf des Quadrizeps - schnellkräftig trainiert ist, ist er in der Rekrutierungsfähigkeit der tonischen, langsamer reagierenden geraden Bauchmuskulatur überlegen, d.h. beim Aufrichten aus der Rückenlage "springen" die Hüftbeugerschneller an und bringen die Lendenwirbelsäule beträchtlich unter Zugspannung (vgl. Abb. 2).
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Die Folge: Druck- und Schwerkräfte auf Bandscheiben, Wirbelbögen und kleine Wirbelgelenke nehmen unverhältnismäßig zu. Besonders gefährdet ist der Übergangsbereich von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein (lumbosacraler Übergang), vor allem dann, wenn das Rumpfaufrichten aus einer Überstreckung der Wirbelsäule (wie in Abb. 4a), mit Körperdrehung unter Last (Abb. 4b), mit sogenannten Bauchtrainern (Abb. 4c) und/oder freitragendem Oberkörper ausgeführt wird. (Abb. 4d).
Auch das häufig im Schul- und Jugendsport angewandte Beinheben (Abb. 5b) mißachtet die funktionalen Zusammenhänge von Bauch- und Hüftbeuge-Muskulatur und muß als unverträglich für die "heranwachsende, noch nicht gefestigte Wirbelsäule" eingestuft werden. Als jugendgemäße Krafttrainingsübung häufig empfohlen (z.B. von Letzelter/Letzelter 1986) verfehlen sie zumeist das Ziel und tragen längerfristig eher zur Schwächung des Gelenk-Muskel-Zusammenspiels in der Lenden-Becken-Hüftregion bei (Berthold/Thierbach 1981, Tittel 1986, Bittmann 1987).
Die schädigende Wirkung dieses unphysiologischen Bauchmuskeltrainings wächst, wenn Sit-ups, Klappmesser u. dgl. - wie im Sport meist angestrebt schnellkräftig ausgeführt werden, so daß die stabilisierenden Wirbelsäulenbänder bei hochdynamischer Beugung und Drehung der Lendenwirbelsäule bezüglich der Bremsung der Bewegung überfordert sind. In diesem prinzipiellen Mechanismus ist eine Ursache für die in manchen Sportarten häufig zu beobachtende Gefügelockerung (bis hin zum Wirbelgleiten) zu suchen. (Quelle: Knebel/Herbeck/Hamsen 1988)
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Abb. 4a Falsche Bauchmuskelübungen mit hoher Fehlbeanspruchung der Wirbelsäule Hohe Druck- und Scherkräfte durch Überstreckung der Wirbelsäule wirken besonders auf den Übergang Lendenwirbelsäule-Kreuzbein.
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Abb. 4b Verstärkung der Druck- und Schwerkräfte beim Aufrichten vor allem auf die Kleinen Wirbelgelenke durch Rumpfdrehen mit Zusatzlast.
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Abb. 4c Verstärkung der Fehlbeanspruchung des Lendenbereichs durch Fixierung der Beine, dadurch Hüftbeugeraktivierung mit vermehrter Zugspannung auf die Lendenwirbelsäule.
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Abb. 4d Hohe Fehlbelastung durch freischwingenden Oberkörper bei fixierten Beinen.
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Gesund üben | Muskelkater
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